(fast) zwei Jahre Sachspendenzentrale

Mit dem heutigen Tage endet -vorerst- mein fast zweijähriges ehrenamtliches Engagement in der Leipziger Sachspendenzentrale. Es endet nicht, weil ich nicht mehr helfen möchte oder ich darin keinen Sinn mehr sehen würde, auch nicht weil es keine Hilfebedürftigen oder Sachspenden mehr gäbe. Nein, es endet, weil zum 31.07. die einzige Angestellte des Trägervereins, die sich um die Sachspendenzentrale kümmerte, entlassen wird und damit die Sachspendenzentrale faktisch tot ist. Der Trägerverein, der Flüchtlingsrat Leipzig e.V. ist -das ging schon genug durch die Lokalpresse– zahlungsunfähig und musste damit gezwungenermaßen Insolvenz bei Gericht anmelden.

Leider setzte sich mit Bekanntwerden der Insolvenz das fort, was sich bereits Monate vorher immer mehr angedeutet hatte. Es fand zu keinem mir bekannten Zeitpunkt eine offizielle und verbindliche Information an die vielen vielen Hilfswilligen statt, was denn nun Stand der Dinge sei. Bestenfalls gab es Buschfunk aus Informationsfetzen und man reimte sich untereinander etwas zusammen. Besonders bitter wirkt im Nachhinein die Preisverleihung der „Heißen Kartoffel“ noch im Mai 2017. Selbst heute noch steht auf der Homepage des Flüchtlingsrat der Text, der dort schon über ein Jahr prangt, und es wird zu Spenden an den Verein aufgefordert, obwohl dieser nicht mehr handlungsfähig ist.

Es wäre sicher nicht zu viel verlangt gewesen, wenn der Vereinsvorstand den Helferinnen und Helfern die Situation persönlich erläutert hätte. Das gebietet meiner Meinung nach schon der Anstand und die Anerkennung denjenigen gegenüber, die sich Tag für Tag im Sinne des Projektes nach Feierabend, Schule, Uni oder auch in ihrer Freizeit und manchmal sogar im Urlaub engagiert haben.

Auch an die vielen spendenwilligen Leipzigerinnen und Leipziger gab es mit Ausnahme eines Hinweises (das jetzt Sommerpause sei und keine Spenden angenommen werden) direkt an der Halle der Sachspendenzentrale und eines knappen Facebook-Postings keine Info, ob, wann und wie es weitergeht.

Leider stößt man mit diesem Vorgehen (oder sollte man es eher nicht-Vorgehen nennen?) meiner Meinung nach all denjenigen vor den Kopf, auf die man eigentlich angewiesen ist, wenn man so ein Projekt betreibt. Sowas spielt auch unnötigerweise allen Besorgtbürgern und denen in die Hände, die es „schon immer gewusst haben“ und bestätigt einmal mehr deren Vorurteile und vorgefasste Meinungen. Sie haben nun ein weiteres Beispiel ihrer Klischeehaften Vorstellungen.

Auch von der Stadt Leipzig hätte es das eine oder andere Wort pro-Sachspendenzentrale geben können, denn nur all zu oft hat man sich mit dem Vorzeigeprojekt Sachspendenzentrale geschmückt. Viel wäre schon geholfen, wenn man einem potentiellen neuen Träger mitgeben könnte, das sich an den räumlichen und organisatorischen Gegebenheiten (ungenutzte Halle der LVB, Strom, Heizung, …), auf denen die Sachspenenzentrale aufgebaut hat, auf eine zuvor bestimmte Zeit weg nichts ändern wird. So hätte der neue Träger, wer auch immer das sein möge, eine gewisse Planungssicherheit.

Wenn man mit all dem oben genannten etwas rechtzeitiger rausgekommen wäre, dann hätte es vielleicht nicht gerade zwangsweise zu der jetzigen Situation kommen müssen. Man hätte „in Ruhe“ einen neuen Träger suchen und vielleicht auch finden können.

Was jetzt übrig bleibt, ist ein fader Beigeschmack und viele viele offene Fragen. Wird es wie auch immer mit der Sachspendenzentrale weitergehen? Was passiert mit den unzähligen vorhandenen und in mühevoller Kleinarbeit akribisch sortierten und aufbereiteten Sachspenden? Wem gehören sie vom rechtlichen Standpunkt aus gesehen, wer darf jetzt wie darüber verfügen? Werden sie vielleicht irgendwann entsorgt oder kommen diese noch einer sinnstiftenden Verwendung zu? Wo erhalten Hilfsbedürftige jetzt die Unterstützung, die sie brauchen? Hat man es mit der so oft und fast schon gebetsmühlenartig vorgetragenen Nächstenliebe wirklich ernst gemeint?

Zurückblickend möchte ich die Zeit nicht missen, auch wenn ich aktuell und hoffentlich verständlicherweise etwas verbittert klinge. Ich habe viele nette Menschen kennenlernen können, habe persönlich und privat viel dazu gelernt. Einige hoffentlich dauerhafte Freundschaften sind geknüpft worden. Nie vergessen werden ich die dankbaren Gesichter derjenigen, denen man mit der noch so kleinen Spende ein wenig helfen konnte. Auch die gute Stimmung und den nahezu unerschütterlichen Optimismus, den die Organisatorin der SZL verbreitete, werde ich vermissen. Peggy, ich hoffe Du findest schnell einen neuen Job, der Dir mindestens genau so viel Spaß macht, wie der in der Sachspendenzentrale. Viel haben wir zusammen gelacht, und auch wenn Du mich noch immer nicht zum Rauchen gebracht hast, habe ich es fast schon bewundert, wie oft Du es versucht hast. Das war quasi unser Running-Gag der letzten zwei Jahre. 😉 Die beiden Teilnahmen an den Brückenfesten im Sommer 2015 und 2016 und die vielen Floh- und Tauschmärkte werde ich nicht vergessen. Ich hatte schöne Zeiten und auch traurige, aber alles in allem überwiegt deutlich das Positive.

Vielleicht sehe ich das ganze aktuell etwas zu pessimistisch und es findet sich doch noch ein neuer Träger für die Sachspendenzentrale. Wenn dem so ist, dann bin ich wie viele andere sicher auch, maximal nur einen Anruf weit entfernt. Ich werde die Augen und Ohren offen halten, und all diejenigen ansprechen, von denen ich denke und hoffe, das sie etwas zu einem Neustart der Sachspendenzentrale aktiv beitragen könnten und wollen. Hoffen wir im Sinne aller das Beste.

Kommentar ( 1 )

  1. Feldrain

    Danke für diese Zeilen. Ja - Antworten der Verantwortlichen und hier sehe ich auch die Stadt in der Pflicht, denn die Hilfebedürftigen leben in dieser Stadt, wären mehr als angezeigt. Nach meinem Verständnis gehören die Sachspenden, die jetzt in der verschlossenen Halle liegen, nicht zur Insolvenzmasse, denn sie sind kein Eigentum des indolventen Flüchtlingsrates. Die Leipziger haben ihre Spenden diesem nur treuhänderisch zur Verteilung übergeben. Verständnis habe ich dafür, dass es eine gewisse Zeit dauert einen Übergang zu einem neuen Träger zu organisieten. Wieso dann aber die Stadt keine Übergangslösung findet und so z.B.auch das Arbeitsverhältnis der einzigsten Angestellten weiterlaufen könnte, dafür fehlt mir jedes Verständnis. Ist man sich nicht bewusst, welcher Schatz das ist die Sachspendenzentrale zu haben in Leipzig, in einer Zeit, wo nicht nur Flüchtlinge (sie sind ja weiter da) die Spenden der Leipziger bräuchten, sondern auch viele sozial Schwache. Hier wird etwas zerschlagen, was vorallem durch ehrenamtlich Tätige ohne viel Geld zu kosten funktionierte. Alle Leipziger, die in so großer Zahl gespendet haben und es noch immer tun wollen, werden vor den Kopf gestoßen und die Antwort, ob nun ggf. auch noch die vielen vorhandenen sortierten einsatzbereiten Spenden verhökert werden und dann vielleicht in Afrika die Märkte zerstören, wird nicht gegeben. Aber die Leipziger werden sich dies nicht gefallen lassen und ein Todschweigen wird nicht funktionieren.

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